Bekannt ist es in der Medizin seit über 100 Jahren, doch nicht immer wird daran gedacht:
Manche Menschen vertragen keine Salicylate. Und müssen dies sowohl bei der Ernährung, als auch bei bestimmten Medikamenten berücksichtigen.
Sonst können massive Beschwerden auftreten.
Lesen Sie hier alles über eine mögliche Salicylat-Unverträglichkeit: Was sie für Symptome verursacht, wie man sie erkennt, und wie man Salicylate meidet. ~
Welche Symptome weisen auf eine Salicylat-Unverträglichkeit hin?
- Haben Sie chronische Kieferhöhlenprobleme?
- Oder leiden Sie an Asthmabeschwerden, die sich unvermittelt verschlimmern oder verbessern, je nachdem, was Sie gerade gegessen oder getrunken haben?
- Manchmal reagiert vielleicht auch Ihre Magen- oder Darmschleimhaut gereizt?
- Oder Ihre Haut meldet sich mit entzündlichen Ekzemen?
Dann könnte es sein, dass eine Unverträglichkeit gegen Salicylate dahintersteckt.
Was sind Salicylate?
Möglicherweise fragen Sie sich jetzt, was Salicylate eigentlich sind, denn dieser Begriff ist in der Öffentlichkeit nur wenig geläufig.
„Es handelt sich dabei um eine Substanz, die von Natur aus in Pflanzen vorkommt, aber auch von der Pharmaindustrie als Arzneimittelwirkstoff synthetisch hergestellt wird“,
erläutert Professor Dr. Hanns Baenkler von der Universität Erlangen-Nürnberg, der diese Unverträglichkeit erforscht.
Bekanntestes Beispiel ist die als „Aspirin“ bekannte Acetylsalicylsäure (ASS).
Auch Schmerzmittel aus der Gruppe der so genannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), wie zum Beispiel die Wirkstoffe Diclofenac oder Ibuprofen greifen auf die gleiche Weise wie „Aspirin“ in den Stoffwechsel bestimmter Fettsäuren ein.
Dies kann, je nach individueller Stoffwechselsituation, leichte bis massivste Unverträglichkeitsreaktionen auslösen.
Die Medizin bezeichnet dies als Analgetika-Intoleranz
(= Schmerzmittelunverträglichkeit) oder Salicylat-Unverträglichkeit.
Salicylate beeinflussen den Fettstoffwechsel
„Ursache dieser Unverträglichkeit ist der Einfluss von Salicylaten auf den Stoffwechsel einer bestimmten Fettsäure, der sogenannten Arachidonsäure“, weiß der Experte.
Arachidonsäure wird einerseits mit der Nahrung aufgenommen, sie befindet sich aber auch in unseren Körperzellen zum Beispiel als Bestandteil der Phospholipide. Dort hat sie wichtige Funktionen zu erfüllen.
Durch unterschiedliche Reize wird Arachidonsäure aus ihren Zellverbindungen freigesetzt und zu verschiedenen Gewebshormonen „weiterverarbeitet“,
- zu den sogenannten Prostaglandinen,
- den Thromboxanen
- und den Leukotrienen.
Diese Substanzgruppen werden auch als Eicanosoide bezeichnet und haben wichtige Funktionen im Körper.
Sie schaden aber, wenn sie im Übermaß vorhanden sind, oder wenn ein Ungleichgewicht zwischen ihnen besteht.
Beides kann die Salicylsäure bewirken.
Neuesten Erkenntnissen zufolge reizt sie bei manchen Menschen vermutlich die Zellen so sehr, dass sie zu viel Arachidonsäure und damit auch zu viele Gewebshormone freisetzen.
Außerdem verschiebt sie das Gleichgewicht in Richtung der Leukotriene, das heißt, diese Substanzen gelangen in verhältnismäßig höherer Konzentration ins Blut und Gewebe. Und dort können sie eine Reihe von entzündlichen Beschwerden auslösen.
„Wie ausgeprägt die Beschwerden sind, und durch welche Menge an Salicylaten sie ausgelöst werden, ist individuell unterschiedlich“, erläutert Professor Dr. Baenkler.
„Manche Menschen reagieren aber – vermutlich genetisch bedingt - extrem empfindlich auf Salicylate. Bei ihnen genügt schon die vergleichsweise niedrige Konzentration, wie sie in Pflanzen vorkommt, um Krankheitssymptome auszulösen beziehungsweise zu verstärken."
Salicylate reizen Haut und Schleimhaut
Typische Symptome dieser Unverträglichkeit sind Haut- und Schleimhautprobleme.
Je nach persönlicher Schwachstelle können sie überwiegend den Magen, die Lunge, die Nase oder die Nasennebenhöhlen betreffen und dort jeweils unterschiedliche Symptome auslösen.
Beim einen kommt es zu Polypen, die sich typischerweise auch nach einer operativen Entfernung wieder bilden. Beim anderen ist die Nasenschleimhaut chronisch entzündet, beim dritten überwiegen Nebenhöhlenprobleme.
Mancher reagiert auch mit chronischer Bronchitis oder Asthma auf Salicylate.
Auch Magenreizungen bis hin zum Magengeschwür können auftreten.
Deshalb: Bei chronischen Schleimhautproblemen – ob im Atemtrakt oder im Magen/Darmbereich – sollten Arzt und Patient an eine Salicylatunverträglichkeit als mögliche Ursache denken.
„Vor allem, wenn für derartige Beschwerden keine klare Ursache, wie etwa eine Infektion oder Allergie auszumachen ist, lohnt es sich, nach dieser speziellen Unverträglichkeit zu fahnden“, rät Professor Baenkler.
Salicylatunverträglichkeit häufig bei HNO-Problemen und Asthma
Denn sie ist gar nicht so selten, wie vielfach angenommen.
Untersuchungen von Lungenfachärzten haben ergeben, dass die Salicylatunverträglichkeit bei etwa jedem fünften Asthmatiker eine Rolle spielt.
Und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte wissen, dass dies auch bei jedem dritten Patienten mit chronischen Nasen- und Nebenhöhlenproblemen (vor allem bei Polypen) der Fall ist.
Und manchmal berichten Patienten noch von weiteren Symptomen in Zusammenhang mit den Salicylaten, weiß Professor Baenkler.
Aber: "Um dies wirklich zuordnen zu können, wären wissenschaftliche Studien nötig."
Salicylate können auch Kreislaufschocks verursachen
Bekannt ist in der Medizin aber, dass die Salicylatunverträglichkeit manchmal zu massiven Akutreaktionen führen kann, zum Beispiel zu plötzlichen Schleimhautschwellungen in der Nase oder im Hals, zu Ohrensausen, Asthmaanfällen oder auch zu schockähnlichen Zuständen.
Nur müssen den Ärzten solche Zusammenhänge auch bewusst sein, besonders in der Notfallmedizin. Denn:
Bekommt ein Patient mit Salicylatunverträglichkeit z.B. bei unklaren Herzbeschwerden vom Arzt wie üblich ein „Aspirin“-Medikament verabreicht, kann das seine Situation weiter verschlimmern“, warnt Professor Baenkler.
Deshalb sollten Ärzte immer nach einer möglichen Unverträglichkeit fragen, bevor sie diesen Wirkstoff anwenden, oder Patienten den Arzt von sich aus darauf hinweisen bzw. ihren Notfallausweis vorlegen“, so sein dringender Appell.
Doch dazu ist es erst einmal notwendig, dass die Salicylatunverträglichkeit erkannt und diagnostiziert wird.
Salicylatunverträglichkeit ist nachweisbar
Zur Diagnose mussten früher sogenannte Provokationstests durchgeführt werden. Das heißt, der Patient bekam unter medizinischer Aufsicht eine bestimmte Menge an Salicylat verabreicht, um festzustellen, ob und wie stark er darauf reagierte. Doch diese Tests waren nicht ungefährlich und ziemlich belastend für den Patienten.
Seit einigen Jahren steht deshalb ein spezieller Bluttest zur Verfügung.
„Anhand lebender Blutzellen lässt sich im Reagenzglas nachweisen, wie die Stoffwechselreaktionen ablaufen, und inwieweit Salicylat dabei störend wirkt“, erläutert der Experte.
"Jeder Arzt kann diesen Test bei begründetem Verdacht veranlassen. Nicht selten geht der Anstoß sogar vom informierten Patienten selbst aus", so Professor Baenklers Erfahrung.
Steht die Diagnose fest, sollte der Betroffene Salicylate so gut wie möglich meiden oder zumindest einschränken. Das heißt zum einen Vorsicht bei den oben genannten bestimmten Schmerzmedikamenten und möglicherweise auch bei der Ernährung und Körperpflege.
Salicylate meiden hilft
Oft sind sind auch pflanzliche Nahrungsmittel problematisch. Denn Pflanzen produzieren diese Substanz in unterschiedlicher Konzentration.
Wie viel Salicylat dann tatsächlich in unser Essen gelangt, hängt von vielen Faktoren ab: Die Anbauart spielt eine Rolle, ebenso wie die küchentechnische Zubereitung. So enthält Zerkleinertes oft mehr Salicylat als das Ausgangsprodukt, Ketchup also zum Beispiel mehr als die ganze Tomate.
Auch in industriell bearbeiteter Nahrung, in Fertig- und Halbfertiggerichten kommt die Substanz teilweise reichlich vor.
Hinter dem Begriff „natürliches Aroma“ in der Zutatenliste verbirgt sich in der Regel etwas Salicylat-haltiges.
Erfahrungsgemäß sind auch Trockenkräuter und Gewürze sehr salicylat-reich.
Dasselbe gilt für Pflanzenextrakte, etwa in Naturmedikamenten oder Kosmetika. Selbst Salben, die Salicylate enthalten, können zum Problem werden, denn die Substanz kann über die Haut aufgenommen werden und so in den Körper gelangen.
Achten Sie deshalb bei Shampoos, Hautcremes und Kosmetik auf die Inhaltsstoffe und verzichten Sie so gut wie möglich auf salicylathaltige Produkte.
Salicylate-Liste: Salicylate erkennen und meiden
Salicylate sind so weit verbreitet, dass es nicht immer leicht ist, sie aufzuspüren und zu meiden.
Damit es Ihnen besser gelingt, Ihre Salicylate künftig auf ein verträgliches Maß zu reduzieren, haben wir eine Salicylate-Liste für Sie zusammengestellt.
Diese ist jedoch nur ein Anhaltspunkt, Ihr Körper sagt Ihnen am besten, was Ihnen gut tut und was nicht.
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