Bis vor 15 Jahren war das Krankheitsbild noch gänzlich unbekannt, inzwischen wird es intensiv erforscht und hat auch einen Namen bekommen:
Das Mastzellenaktivierungssyndrom oder MCAS löst unterschiedlichste Symptome und Krankheitsbilder im ganzen Körper aus, beziehungsweise verstärkt diese. MCAS kommt sehr häufig vor, Schätzungen zufolge ist jeder Sechste davon betroffen. Für mein Buch "Wenn Mastzellen zu voiel Histamin ausschütten" habe ich sehr intensiv zu diesem Thema recherchiert, da ich auch selbst davon betroffen bin.
Lesen Sie im nachfolgenden Beitrag, was es mit dem Mastzellenaktivierungssyndrom auf sich hat, welche Beschwerden es auslöst, wie es diagnostiziert und behandelt wird, und was Sie tun
können, damit es Ihnen wieder besser geht.
Das Mastzellenaktivierungssyndrom ist neben der seltenen Mastozytose (Mastzellenvermehrung) eine weitere chronische Erkrankung des Immunsystems, die dazu führt, dass bestimmte Immunzellen, die Mastzellen, chronisch aktiviert und reizbar sind. Vor allem an der Haut und an den Schleimhäuten, sowie an den Nervenzellen finden sich viele Mastzellen. Im gesunden Zustand dienen sie als Wachposten des Immunsystems und müssen das Eindringen von Feinden melden und Immunreaktionen in Gang setzen.
Durch verschiedene Auslöser können sie jedoch dazu aktiviert werden, auch ohne erkennbaren feindlichen Anlass ihre Botenstoffe aus dem Zellinneren freizusetzen und ins umliegende Gewebe abzugeben. Diese Botenstoffe werden in der Medizin als Mediatoren bezeichnet.
Der bekannteste der Mastzellenbotenstoffe ist das Histamin, daneben gibt es aber noch bis zu 200 weitere Substanzen, die akut und plötzlich den Körper "überschwemmen" und vielfältige biologische Reaktionen auslösen können.
Die übermäßig freigesetzten Botenstoffe und möglicherweise eine verminderte Abbaukapazität des Körpers für diese Substanzen führt dann zu vielfältigsten Beschwerden und Krankheitssyndromen.
Wenn die Mastzellen chronisch aktiviert sind, kommt es immer wieder zu überschießenden Reaktionen durch die freigesetzten Botenstoffen mit der Folge von Symptomen wie Grippegefühl, Schleimhautschwellungen, Schmerzen, Verdauungs- und Atemwegsbeschwerden, Nervenstörungen und auch psychischen Symptomen Die Mastzellenforscher haben erkannt, dass viele chronische Krankheitsbilder ihre gemeinsame Ursache in der chronischen Mastzellaktivierung haben, so zum Beispiel
Leider erkennen viele (Fach-)ärzte noch nicht den übergeordneten Zusammenhang all dieser Störungen. Das Abklären eines Mastzellenaktivierungssyndroms wäre vor allem aber auch bei psychischen Störungen wie Depressionen oder sogar der Schizophrenie notwendig, denn dann wären ganz andere Therapieansätze möglich.
Mastzellenforscher haben herausgefunden, dass mastzellenbedingte psychische Symptome verschwinden, wenn die Mastzellen medikamentös stabilisiert werden. Viele der bislang gebräuchlichen Psychopharmaka und Antidepressiva können dagegen Psychopharmaka die Mastzellen- und Histaminproblematik verschlimmern.
Doch wie wird die Diagnose dieses noch neuen Krankheitsbildes gestellt? Welche Untersuchungen sind notwendig? Was sollten Betroffene (und auch ihre Ärzte) darüber wissen?
Um ein MCAS zu therapieren und Beschwerden zu lindern, verordnen Ärzte einerseits Medikamente, die dem Histamin den Zugang zu den Zellen blockieren, so dass es seine überschießenden Wirkungen nicht entfalten kann. Dies sind die sogenannten Antihistaminika. Je nachdem welche Zielzellen blockiert werden, unterscheidet die Medizin zwischen H1- und H2-Histaminrezeptorenantagonisten. Die H1-Blocker verhindern typische allergische oder allergie-ähnliche Histamin-Reaktionen wie Juckreiz, Schleimhautschwellungen, Atemwegssymptome oder auch psychische Befindlichkeitsstörungen. Die H2-Blocker wirken vor allem im Magen-Darm-Bereich und schützen zum Beispiel vor histaminbedingter Magenübersäuerung.
Diese Medikamente sind teilweise verschreibungspflichtig, teilweise auch rezeptfrei erhältlich.
Das nebenstehende Präparat ist ein Beispiel für ein rezeptfreies H1-Antihistaminikum.
Viele Allergiker aber auch MCAS-Betroffene erfahren damit Linderung ihrer Beschwerden, auch wenn als Nebenwirkung gelegentlich Müdigkeit auftreten kann.
Die H2-Rezeptorantagonisten wirken vor allem im Magen-/Darmtrakt und schützen dort vor histaminbedingten Übersäuerungsschäden.
Neben den Antihistaminika kommen noch weitere Medikamente zum Einsatz, vor allem
In schweren Fällen werden auch sogenannte Immunsuppressiva, also Wirkstoffe, die das Immunsystem unterdrücken, eingesetzt.
Eine wichtige Maßnahme ist es auch, die Faktoren zu erkennen und zu meiden, die die Mastzellen aktivieren können. Diese Faktoren sind individuell unterschiedlich.
Und auch bei jedem einzelnen löst derselbe Faktor nicht immer dieselben Symptome in derselben Heftigkeit aus. Vielmehr können bestimmte Kombinationen von Auslösern sich summieren und dann Krankheitsschübe auslösen.
Folgende Faktoren können je nach individueller Empfindlichkeit die Mastzellen reizen:
MCAS erfordert deshalb einen achtsamen Umgang mit dem Körper und eine aufmerksame Selbstbeobachtung.
Stellen Sie sich immer wieder die Frage: Was tut mir gut, was belastet mich? Eliminieren Sie Belastendes so gut es geht aus Ihrem Leben und bringen Sie nach Möglichkeit immer mehr Wohltuendes in Ihren Alltag.
Hören Sie dabei weniger auf das, was andere sagen, meinen oder von Ihnen erwarten. Sondern richten Sie Ihren Alltag so ein, wie er Ihnen gut tut. Damit werden auch Ihre Mastzellen weniger kämpfen müssen.
Ein Mastzellenaktivierungssyndrom ist im Grunde eine wichtige Aufforderung Ihres Körpers, gut und achtsam mit sich selbst umzugehen.